Ich wohne im Münchener Stadtteil Haidhausen. Ich bin sehr oft mit meiner Pudeldame Adini durch die Maximiliansanlagen hier oben spaziert. Sie ist leider vor einiger Zeit gestorben. Das Café Rizzi bleibt für mich ein besonderer Ort, denn Adini bestand auf eine Runde durch dieses Café, wenn wir auf unserem Heimweg waren. Ich habe an diese Zeit sehr schöne Erinnerungen.

Mir war lange nicht klar, dass ich so einen künstlerischen Weg beschreiten werde und ich wollte alle möglichen Berufe ergreifen.

Gibt es für dich einen besonderen Moment, seit dem du Schauspieler werden wolltest?

Dass ich einen künstlerischen Weg beschreiten würde, war mir als junger Mensch nicht klar. Es gab so einige Berufe, die ich mir vorstellen konnte. Schauspieler zu werden, war aber sicherlich ein sehr früher Wunsch. Als kleiner Junge wollte ich unbedingt so wie Winnetou sein. Mein Freund in der Grundschule warnte mich davor, Schauspieler zu werden: „Du weißt schon, dass du da fremde Frauen küssen musst!“ Ich darauf: “Das glaub’ ich nicht.“

**Wie begann dann dein Weg zum Schauspielberuf? **

Kurzfristig hatte ich noch die Idee, Arzt zu werden. Doch mein Abitur war dafür zu schlecht und meine Leidenschaft für das Theater war groß. So begann ich an einem kleinen Theater in München als Assistent mitzuhelfen. Dann hatte ich das Glück, schon als junger Mensch mit großen Leuten arbeiten zu dürfen und hatte dadurch fantastische Einblicke in die künstlerische Arbeit.

Wer zum Beispiel war das?

Ich hospitierte bei Otto Schenk und wurde durch eine Empfehlung der Assistent von Wim Wenders. Bei den Salzburger Festspielen durfte ich als Regieassistent mit Herbert von Karajan  und Johannes Schaaf zusammen arbeiten und dann war ich zwei Mal am Burgtheater in Wien. So war der Weg zur Schauspielschule nicht mehr weit.

Gibt es gerade Projekte, auf die du dich besonders freust?

Im Sommer ist wieder Theaterzeit und ich spiele den Jedermann auf der Festung Hohensalzburg. Außerdem drehe ich im Augenblick für die TV-Serie Mord in Bester Gesellschaft . Natürlich werde ich auch wieder beim Krimi-Festival München mit Live-Lesungen zu hören sein. Außerdem gibt es interessante Hörbuch Produktionen. Das sind alles ganz besonders schöne Momente, auf die ich mich freue.

Seit der Lesung in einem Sarglager bin ich mit dem Autor Peter James befreundet.

Hast du auf einer Lesereise eigentlich die Möglichkeit, einen Autor richtig gut kennen zu lernen?

Das kommt natürlich auch immer auf den Autor an. Ich habe das Glück eine wunderbare Freundschaft mit Peter James zu pflegen. Ich lernte den britischen Autor vor etwa 10 Jahren in Berlin zur Premiere von Stirb Ewig kennen. Die Lesung fand skurriler Weise im Sarglager eines Bestattungsinstitutes tatt, es war ein unglaublicher Abend! Seit dem haben Peter James und ich uns angefreundet.

Es heißt, dass das Hörbuchlesen im Vergleich zu anderen „Sprecherjobs“ echte Knochenarbeit ist. Warum?

Wenn ich ein Hörbuch vorbereite, lese ich zuerst die Originalfassung, dann die Deutsche Übersetzung und noch die bearbeitete Fassung. Das ist schon eine Menge Zeit. Um die Charaktere gut durchzuhalten, braucht man diese intensive Vorbereitung aber unbedingt. Die Aufnahmezeit ist Studio ist auch viel intensiver als bei vielen anderen Sprecherjobs. Kurzum: Es ist Knochenarbeit - aber es macht eben auch eine Menge Spaß!

Was war eine besonders schöne Produktion für dich?

Die Schachnovelle von Stefan Zweig hat mir ganz besonders viel Freude gemacht. Das ist ein wunderschöner Text und ich erinnere mich gut an die Aufnahme. Wie ein Film läuft alles in mir ab. Ich spiele in diesem Film mit und beschreibe ihn für die Hörer. Das bedeutet für mich volle Konzentration. Alles kommt von innen, nichts kommt aufgestetzt von außen und ich gehe in den Figuren richtig auf. Das ist wunderschön.

Die tollen und aufregenden Aufgaben kamen in meinem Leben meist per Zufall.

Gibt es eigentlich Dinge, die man dem Tontechniker überlässt?

Ich mag den natürlichen Klang der Stimme am Liebsten. Man kann technisch viel machen, mit Kompressor, usw., es gibt da viele Möglichkeiten. Mir sind diese Möglichkeiten aber manchmal zu viel. Ich finde es am Besten, wenn alle konzentriert arbeiten und die Natürlichkeit der Stimme gewahrt werden kann.

Gibt es etwas, eine Rolle oder ein Projekt, das du unbedingt machen möchtest?

Als ich frisch von der Schauspielschule kam, hatte ich Vorstellungen von den Rollen, die ich unbedingt spielen wollte. Es stellte sich aber schnell heraus, dass man vieles nicht erzwingen kann. Die tollen und aufregenden Angebote kamen meist per Zufall. Die Rolle im Jedermann, die ich jetzt sehr liebe, habe ich anfangs zum Beispiel sehr skeptisch gesehen.

Du wolltest die Rolle zuerst nicht?

Ich dachte anfangs aus reinem Bauchgefühl, "Ich mache das jetzt lieber nicht.“ Mittlerweile weiß ich, dass es manchmal auch richtig sein kann, gegen sein Bauchgefühl zu arbeiten. Plötzlich tut sich etwas Neues auf. Der Jedermann ist dafür das beste Beispiel. Durch diese Rolle haben sich für mich neue Dimensionen eröffnet. Das finde ich spannend und schön.

Gibt es so etwas wie ein Erfolgsrezept für dich?

Nein, so würde ich das nicht sagen. Auf meinem Berufsweg habe ich Steinchen auf Steinchen zusammengetragen und irgendwann trägt alles und hält zusammen. Man hat ein Reservoir zur Verfügung und kann damit arbeiten. Es gibt keine Garantie für gute Rollen oder gut bezahlte Arbeit. Wenn du deinen Job auch ohne diese Garantie liebst, bedeutet das doch schon Erfolg. Absichtslosigkeit ist da ein wichtiges Stichwort.

Was ist für dich Absichtslosigkeit?

Ich habe schon einige gute Freunde verloren, weil sie an Krankheiten gestorben sind. Diese Erfahrungen lehrten mich, wie kostbar unser Leben ist, aber auch, dass wir nicht alles selbst steuern können. Ich lasse jetzt die Zukunft auf mich zukommen, ich forciere nichts. Das ist für mich Absichtslosigkeit. So passieren mir wunderbare Dinge und ich habe Begegnungen, für die ich sehr dankbar bin, denn sie zeigen mir beruflich, aber auch ganz allgemein ganz neue Seiten.

Alle Hörbücher mit Hans Jürgen Stockerl findet ihr hier.